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CHRISTIAN SCHLENDER

Als Selbständiger aus der PKV in die GKV wechseln

Das Hauptargument für einen Wechsel von privat krankenversicherten Selbständigen (Gewerbetreibenden oder Freiberuflern) in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in Deutschland sind sicherlich die einkommensunabhängigen und dadurch unkalkulierbaren Beiträge in der PKV. Denn nicht immer entwickeln sich die Gewinne von Selbständigen so prächtig nach oben, wie es die Beiträge ihres PKV-Tarifs tun.

In der Presse findet man viele Berichte über ältere PKV-Mitglieder, die sich ihre Beiträge nicht mehr leisten können. Die GKV mit ihrer einkommensabhängigen Beitragsberechnung (und Deckelung nach oben durch die Beitragsbemessungsgrenze) scheint dann irgendwann besonders verlockend.

Selbständiger Handwerker mit verschränkten Armen und Bart

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Doch der deutsche Gesetzgeber hat einem einfachen, gar beliebigen Wechsel von der PKV in die GKV durch mehrere Regelungen bewusst einen Riegel vorgeschoben. Als junger Gutverdiener von günstigeren PKV-Beiträgen bei oft besseren Leistungen zu profitieren und dann, wenn es mit der Selbständigkeit nicht mehr so läuft – oder im Alter – in den Schoß der Solidargemeinschaft zu wechseln, widerspricht dem Solidaritätsgedanken der gesetzlichen Krankenversicherung. Trotzdem gibt es „Lösungen“ für einen Wechsel aus der PKV in die GKV für Selbständige.

Der Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung gelingt auch bei privat krankenversicherten Selbständigen mittels eines Versicherungspflichttatbestandes (§ 5 SGB V), eines Anspruchs auf Familienversicherung (§ 10 SGB V) oder den freiwilligen Beitritt / die Versicherungsberechtigung (§ 9 SGB V). Gegangen kann der Weg auch „durchaus spannend“ über die Koordinierungsregeln der sozialen Sicherheit.

Bedeutend im Zusammenhang mit einer grundsätzlich eintretetenden Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung ist jedoch die Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 3 und 3a SGB V sowie der Ausschlusstatbestand nach § 5 Abs. 5 SGB V „hauptberuflich selbständig erwerbstätig“ :

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 SGB V (Anm.: ausgenommen sind also die Versicherungspflichttatbestände § 5 Abs. 1 Nr. 2 – ALG I -, 2a – Bürgergeld -, 3 – Landwirte -, 4 – Künstler & Publizisten – und 13 – Auffangversicherung – SGB V) ist nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind; als Arbeitnehmer gelten für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.

Für Künstler und Publizisten sowie für Landwirte ergibt sich die Regelung aus dem KSVG bzw. dem KVLG 1989.

Die Ausschlussregelung des § 5 Abs. 5 SGB V soll verhindern, dass nicht versicherungspflichtige Selbstständige durch Aufnahme einer niedrig vergüteten versicherungspflichtigen Nebenbeschäftigung oder durch Erfüllung eines anderen Versicherungspflichttatbestandes den umfassenden Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten.

Auch die Familienversicherung kommt nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 SGB V nicht zu Stande, wenn die Person hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist.

Die Selbständigkeit muss für die relevanten Versicherungstatbestände nicht unbedingt komplett aufgegeben, jedoch zumindest so weit reduziert werden, sodass diese nicht mehr hauptberuflich ausgeübt wird (sondern quasi „nebenberuflich“).

Hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit

Der Begriff der hauptberuflich selbständigen Erwerbstätigkeit ist weder gesetzlich noch untergesetzlich im Krankenversicherungs- oder Sozialversicherungsrecht definiert.

Der GKV-Spitzenverband hat mit Rundschreiben vom 20.3.2019 Grundsätzliche Hinweise zum Begriff der hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeit aufgestellt, die man sich definitiv anschauen sollte, da die darin enthaltenen Aussagen der Sicherung einer einheitlichen Rechtsanwendung durch die Krankenkassen dienen sollen.

Der Begriff der hauptberuflich selbständigen Erwerbstätigkeit wird durch zwei Elemente geprägt:

  • die selbständige Erwerbstätigkeit und
  • die Hauptberuflichkeit; Hauptberuflichkeit wird bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen allerdings gesetzlich vermutet.

Selbständige Erwerbstätigkeit

Selbständig erwerbstätig ist, wer als natürliche Person selbst mit Gewinnerzielungsabsicht eine Tätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft, in einem Gewerbebetrieb oder einer sonstigen insbesondere freiberuflichen Arbeit in persönlicher Unabhängigkeit und auf eigene Rechnung und Gefahr ausübt. Tätigkeiten, die nur aus Liebhaberei oder zum Zeitvertreib verrichtet werden, werden hingegen nicht zu Erwerbszwecken ausgeübt. Dies gilt ebenfalls für reine Vorbereitungshandlungen, die dazu dienen, eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen, es sei denn, diese entfalten im Geschäftsverkehr bereits Außenwirkung und sind nach dem zugrunde liegenden Gesamtkonzept ernsthaft und unmittelbar auf die spätere Geschäftstätigkeit ausgerichtet.

Hauptberuflichkeit

Hauptberuflich ist eine selbstständige Erwerbstätigkeit, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt (vgl. Gesetzesbegründung zu § 5 Abs. 5 SGB V, Bundestags-Drucksache 11/2237 S. 159). Bei selbstständig Tätigen, die keine weitere Erwerbstätigkeit ausüben, lässt sich das Merkmal der Hauptberuflichkeit daran ableiten, ob die selbstständige Erwerbstätigkeit der Lebensführung des Betroffenen von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrem zeitlichen Aufwand her das Gepräge gibt. In die Beurteilung werden selbstständige Tätigkeiten als land- oder forstwirtschaftlicher Unternehmer oder als Künstler oder Publizist mit einbezogen. Der Zeit- und der Geldfaktor werden gleich stark gewichtet.

Hauptberuflichkeit wird allerdings ohne nähere Prüfung der wirtschaftlichen Bedeutung und des zeitlichen Aufwands der selbstständigen Tätigkeit im ersten Schritt immer dann angenommen, wenn der Selbstständige Arbeitgeberstellung hat, das heißt, wenn er im Zusammenhang mit seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigt (gesetzliche Vermutungsregelung). Werden mehrere Arbeitnehmer geringfügig beschäftigt, deren Arbeitsentgelte bei Zusammenrechnung die Geringfügigkeitsgrenze des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV überschreiten, wird Hauptberuflichkeit ebenfalls vermutet. Als regelmäßig werden solche Beschäftigungen angesehen, die grundsätzlich auf Dauer angelegt sind, also nicht nur gelegentlich ausgeübt werden oder nur von kurzer Zeitdauer sind. Die Vermutung kann jedoch widerlegt werden, indem der Selbstständige nachweist, dass trotz der Arbeitgeberstellung die selbstständige Tätigkeit seiner Lebensführung von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrem zeitlichen Aufwand her nicht das Gepräge gibt und somit nicht hauptberuflich ausgeübt wird.

Bei Gesellschaftern gelten auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft als Arbeitnehmer des einzelnen Gesellschafters. Verfügt eine Gesellschaft über mehrere Gesellschafter, kann ein dort beschäftigter Arbeitnehmer dem einzelnen Gesellschafter nur dann als Arbeitnehmer zugerechnet werden, wenn sich bei einer Aufteilung des Arbeitsentgelts des Arbeitnehmers gemäß der Kapitalbeteiligung auf die einzelnen Gesellschafter ergibt, dass der selbstständig Tätige (als einer der Gesellschafter) den Arbeitnehmer mit mehr als die Geringfügigkeitsgrenze „beschäftigt“. Entsprechendes gilt, wenn die Gesellschaft mehrere Minijobber beschäftigt. Nicht zu berücksichtigen sind hierbei stille Gesellschafter, da diese nicht als selbstständig Erwerbstätige gelten.

Die wirtschaftliche Bedeutung der selbstständigen Tätigkeit wird durch Heranziehung des Arbeitseinkommens im Sinne des § 15 SGB IV bestimmt (vgl. u.a. Urteil des BSG vom 29. April 1997 – 10/4 RK 3/96 –, USK 9760). Maßgeblich ist danach der nach den Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit (§ 15 Abs. 1 SGB IV).

Vom zeitlichen Umfang wird eine selbstständige Tätigkeit dann als hauptberuflich angesehen, wenn sie mehr als halbtags ausgeübt wird (vgl. Urteile des BSG vom 10. März 1994 – 12 RK 1/94 und 12 RK 3/94 –, USK 9428). Dabei wird neben dem reinen Zeitaufwand für die eigentliche Ausübung der selbstständigen Tätigkeit auch der zeitliche Umfang für eventuell erforderliche Vor- und Nacharbeiten berücksichtiget. Berücksichtigt wird ferner die für die kaufmännische und organisatorische Führung des Betriebes erforderliche Zeit, insbesondere zur Erledigung der laufenden Verwaltung und Buchhaltung, Behördengänge, Geschäftsbesorgungen und ähnlicher Aufgaben. In den Fällen, in denen Arbeitnehmer beschäftigt werden, aber die gesetzliche Vermutungsregelung nicht zur Anwendung kommt oder widerlegt werden soll, wird der mit der Leitungsfunktion (Personalführung) notwendig verbundene Zeitaufwand dem Selbstständigen ebenso zugerechnet. Nicht zurechenbar ist dagegen der Zeitaufwand von mitarbeitenden Familienangehörigen oder von fremden Personen (vgl. Urteile des BSG vom 29. April 1997 – 10/4 RK 3/96 –, USK 9760 und vom 29. September 1997 – 10 RK 2/97 –, USK 9766). Zur Bestimmung des Zeitaufwands können auch Öffnungszeiten des Betriebs des Selbstständigen eine Orientierungshilfe sein. Eine mehr als halbtags ausgeübte selbstständige Tätigkeit ist anzunehmen, wenn der Zeitaufwand mehr als 20 Stunden wöchentlich beträgt. Bei einem Zeitaufwand von nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich ist die Annahme einer hauptberuflichen selbstständigen Tätigkeit dann nicht ausgeschlossen, wenn die daraus erzielten Einnahmen die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts bilden.

Abgrenzung der hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit

Selbstständige Tätigkeit neben anderer Erwerbstätigkeit

Wenn es gilt, die selbstständige Erwerbstätigkeit gegen eine oder mehrere abhängige Beschäftigungen gewichtend abzugrenzen, wird darauf abgestellt, ob die selbstständige Erwerbstätigkeit von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Umfang her die übrigen Erwerbstätigkeiten deutlich übersteigt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird die selbstständige Tätigkeit nicht hauptberuflich ausgeübt. Die dazu erforderliche Prüfung ist im Zweifelsfall nicht schematisch, sondern im Rahmen einer Gesamtschau vorzunehmen.

Nach den Grundsätzlichen Hinweisen des GKV-Spitzenverbandes wird von folgenden Grundannahmen ausgegangen:

  • Bei Arbeitnehmern, die aufgrund tariflicher, betriebsbedingter oder arbeitsvertraglicher Regelungen vollschichtig arbeiten oder deren Arbeitszeit der regelmäßigen Wochenarbeitszeit vergleichbarer Vollbeschäftigter des Betriebs entspricht, wird angenommen, dass – unabhängig von der Höhe des Arbeitsentgelts – daneben für eine hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit kein Raum mehr bleibt.
  • Bei Arbeitnehmern, die mehr als 20 Stunden wöchentlich arbeiten und deren monatliches Arbeitsentgelt mehr als die Hälfte der monatlichen Bezugsgröße beträgt, wird angenommen, dass daneben für eine hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit kein Raum mehr bleibt.
  • Bei Arbeitnehmern, die an nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich arbeiten und deren Arbeitsentgelt nicht mehr als die Hälfte der monatlichen Bezugsgröße beträgt, wird angenommen, dass die selbstständige Erwerbstätigkeit hauptberuflich ausgeübt wird.
Praxis-Beispiel: Abhängige Beschäftigung und gleichzeitige Selbstständigkeit

Die Person betreibt einen Kiosk, der nur Donnerstag bis Samstag abends geöffnet ist (17 bis 22 Uhr), also für 15 Stunden / Woche. Damit erzielt sie ein Arbeitseinkommen von durchschnittlich 1.000 EUR monatlich. Außerdem arbeitet sie als Arbeitnehmerin wöchentlich 25 Stunden gegen ein monatliches Entgelt von 2.000 EUR. Die Person gilt nicht als hauptberuflich selbstständig, weil sie mehr als 20 Stunden wöchentlich eine Beschäftigung ausübt und ihr Entgelt mehr als die Hälfte der monatlichen Bezugsgröße ausmacht.

Lässt sich nach diesen Grundannahmen das Vorliegen einer hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht eindeutig bestimmen oder liegen Anhaltspunkte für andere Gegebenheiten vor oder gilt es, Einwände gegen Grundannahmen zu prüfen, wird im Rahmen einer Gesamtschau bei Vergleich der Kriterien wirtschaftliche Bedeutung und zeitlicher Aufwand der jeweiligen Erwerbstätigkeiten festgestellt, ob die selbstständige Erwerbstätigkeit deutlich überwiegt. Für die Prüfung der wirtschaftlichen Bedeutung der selbstständigen Tätigkeit einerseits und der Beschäftigung andererseits werden das Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV) und das Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) miteinander verglichen.

Wann von einem „deutlichen Überwiegen“ auszugehen ist, hat die Rechtsprechung bislang nicht konkret beantwortet. Übersteigt die selbstständige Tätigkeit sowohl von der wirtschaftlichen Bedeutung als auch vom zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten um jeweils mindestens 20 %, soll laut GKV-Spitzenverband von einem deutlichen Überwiegen ausgegangen werden können; der vorgenannte Prozentsatz ist allerdings kein starrer Wert, sondern diene der Orientierung.

Selbstständige Tätigkeit ohne andere Erwerbstätigkeit

Wird neben der selbstständigen Tätigkeit keine andere Erwerbstätigkeit ausgeübt, lässt sich ein Vergleich der Kriterien wirtschaftliche Bedeutung und zeitlicher Aufwand nicht anstellen. Die selbstständige Tätigkeit gilt nicht automatisch als hauptberuflich ausgeübt; eine fiktive Ermittlung von Vergleichsgrößen scheidet aus. In diesen Fällen wird das Merkmal der Hauptberuflichkeit daran abgeleitet, ob die selbstständige Erwerbstätigkeit der Lebensführung des Betroffenen von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrem zeitlichen Aufwand her das Gepräge gibt. Relevant ist dies beispielsweise bei der Prüfung, ob nunmehr ein Anspruch auf Familienversicherung besteht, weil die selbständige Tätigkeit nicht mehr hauptberuflich und keine andere Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Oder aber auch bei sonst grundsätzlich versicherungspflichtigen Studierenden (KVdS) oder Rentnern (KVdR) ohne andere Erwerbstätigkeit als die Selbständigkeit.

Dabei wird nach den Grundsätzlichen Hinweisen des GKV-Spitzenverbandes von folgenden Grundannahmen ausgegangen:

  • Nimmt der zeitliche Aufwand für die selbstständige Tätigkeit den Selbstständigen mehr als 30 Stunden wöchentlich in Anspruch, wird angenommen, dass die selbstständige Tätigkeit hauptberuflich ausgeübt wird. Dies gilt dann, wenn das Arbeitseinkommen aus der selbstständigen Tätigkeit die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellt. Hiervon wird in der Regel ausgegangen, wenn das Arbeitseinkommen 25 % der monatlichen Bezugsgröße übersteigt.
  • Nimmt der zeitliche Aufwand für die selbstständige Tätigkeit den Selbstständigen mehr als 20 Stunden, aber nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich in Anspruch, wird angenommen, dass die selbstständige Tätigkeit hauptberuflich ausgeübt wird. Dies gilt dann, wenn das Arbeitseinkommen aus der selbstständigen Tätigkeit die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellt. Hiervon wird in der Regel ausgegangen, wenn das Arbeitseinkommen 50 % der monatlichen Bezugsgröße übersteigt.
  • Nimmt der zeitliche Aufwand für die selbstständige Tätigkeit den Selbstständigen nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich in Anspruch, wird angenommen, dass die selbstständige Tätigkeit nicht hauptberuflich ausgeübt wird. Dies gelte nicht, wenn das Arbeitseinkommen 75 % der monatlichen Bezugsgröße übersteigt und (insofern) anzunehmen ist, dass es die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellt.

Lässt sich nach diesen Grundannahmen das Vorliegen einer hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht eindeutig bestimmen oder liegen Anhaltspunkte für andere Gegebenheiten hinsichtlich der Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts vor oder gilt es, Einwände gegen Grundannahmen zu prüfen, wird die Beurteilung im Rahmen einer Gesamtschau vorgenommen. Für die Feststellung, ob das Arbeitseinkommen aus der selbstständigen Tätigkeit die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellt, werden alle weiteren Einnahmen, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden können, herangezogen. Diese hat der Selbstständige auf Verlangen nachzuweisen. Darüber hinaus werden auch Unterhaltsansprüche zwischen nicht getrennt lebenden Ehegatten berücksichtigt, wenn sie innerhalb der eherechtlichen Beziehung einen entscheidenden Faktor für die Bestreitung des Lebensunterhalts des Selbstständigen darstellen. Auf der Grundlage aller Angaben wird anschließend ermittelt, ob der Lebensunterhalt deutlich überwiegend aus dem Arbeitseinkommen bestritten wird, dieses mithin die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellt. Von einem deutlichen Überwiegen wird laut Grundsätzlichen Hinweisen des GKV-Spitzenverbandes ausgegangen, wenn das Arbeitseinkommen um mindestens 20 % über den weiteren Einnahmen zum Lebensunterhalt im vorstehenden Sinne liegt. Der vorgenannte Prozentsatz ist allerdings kein starrer Wert, sondern diene der Orientierung.

Werden mehrere selbstständige Tätigkeiten ausgeübt, werden sie hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und des zeitlichen Umfangs zusammengerechnet.

Feststellung der hauptberuflich selbstständigen Erwerbstätigkeit

Für die Feststellung, ob eine hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit gegeben ist, werden die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie zum Zeitpunkt der Ausübung der selbstständigen Tätigkeit oder beim Zusammentreffen der selbstständigen Tätigkeit mit einer weiteren Erwerbstätigkeit vorliegen, in einer vorausschauenden Betrachtungsweise beurteilt (vgl. u. a. Urteil des BSG vom 19. Februar 1987 – 12 RK 9/85 –, USK 8708). Entscheidungen über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe sind ihrer Natur nach gegenwartsorientiert und zugleich – durch ihre Dauerwirkung – zukunftsbezogen. In der Folgezeit eintretende tatsächliche Änderungen, die nicht nur von vorübergehender Dauer sind, sind vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an zu berücksichtigen.

Bei dieser statusrechtlichen Bewertung wird das Arbeitseinkommen aus der ausgeübten selbstständigen Tätigkeit nach den tatsächlichen aktuellen bzw. den zu erwartenden Verhältnissen bestimmt. Das heißt, dass hierbei – anders als beim Nachweis des Arbeitseinkommens für Zwecke der Beitragsbemessung – nicht grundsätzlich auf den letzten vorliegenden Einkommensteuerbescheid zurückzugreifen ist, sondern andere qualifizierte Nachweise (z. B. Erklärungen von Steuerberatern, finanz- und betriebswirtschaftliche Auswertungen, im Einzelfall auch die sorgfältige und gewissenhafte Schätzung der zu erwartenden Einnahmen durch den Selbstständigen) zu akzeptieren sind.

Künstlerin mit Hut malt in ihrem Atelier

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Versicherungsfreiheit

Selbst wenn grundsätzlich Versicherungspflicht eintreten würde oder ein Anspruch auf Familienversicherung in der GKV besteht, weil die Selbständigkeit gegebenenfalls nicht (mehr) hauptberuflich ausgeübt wird, sind zusätzlich noch die Regelungen zur Versicherungsfreiheit als Ausschlussgrund zu beachten.

§ 6 Abs. 3 und 3a SGB V verhindern eine eintretende Versicherungspflicht für die genannten Tatbestände:

Die nach § 6 Abs. 1 SGB V oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von § 6 Abs. 2 SGB V und § 7 SGB V (Anm.: Versicherungsfreiheit bei geringfügiger Beschäftigung) versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 SGB V genannten Voraussetzungen erfüllen (Anm.: ausgenommen sind hier also die Versicherungspflichttatbestände § 5 Abs. 1 Nr. 2 – ALG I -, 2a – Bürgergeld -, 3 – Landwirte – und 4 – Künstler & Publizisten – SGB V). Dies gilt nicht für die in § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind (Anm.: Werkstudenten).

Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden (mit Ausnahme der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V > Auffangversicherung), sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 SGB V nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung des vorherigen Satzes stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer der im vorherigen Satz genannten Person gleich.

Versicherungsfreiheit, mit Ausnahme der Versicherungsfreiheit nach § 7 SGB V (Versicherungsfreiheit bei geringfügiger Beschäftigung), führt auch dazu, dass die Familienversicherung ausgeschlossen ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB V).

Versicherungspflicht in der GKV (§ 5 SGB V)

Arbeitnehmer (Arbeiter oder Angestellter) mit einer mehr als geringfügigen Beschäftigung nicht über der Versicherungspflichtgrenze sind in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Selbständige mit einer privaten Krankenversicherung können also durch Aufnahme einer entsprechenden Beschäftigung in Deutschland in die gesetzliche Krankenversicherung gelangen, sofern sie nicht (mehr) hauptberuflich selbständig erwerbstätig, nicht versicherungsfrei und nicht von der Versicherungspflicht befreit sind.

Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem SGB III beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 SGB III) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Abs. 2 SGB III) ruht, sind versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist. Der Ausschlusstatbestand hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit existiert hier nicht, die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld müssen aber natürlich bestehen. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit (auch selbständige Tätigket) schließt die für den Arbeitslosengeldanspruch bei Arbeitslosigkeit erforderliche Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wenn die Tätigkeitszeit weniger als 15 Stunden wöchentlich umfasst; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt. Die Arbeitszeiten mehrerer Erwerbstätigkeiten werden zusammengerechnet.

An sich versicherungspflichtige Bürgergeld-Bezieher nach § 5 Abs. 2a SGB V, die zuletzt vor dem Bürgergeldbezug privat krankenversichert waren, werden generell nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs. 5a SGB V). Via Bürgergeldbezug können privat krankenversicherte Selbständige also nicht in die GKV gelangen.

Versicherungspflichtig in der GKV sind auch an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschriebene Studenten bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, wenn für sie aufgrund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht (§ 5 Abs. 9 SGB V). Die Verlängerung der Versicherungspflicht über die Altersgrenze hinaus ist in Ausnahmefällen möglich. Die Ausschlusstatbestände hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit, Versicherungsfreiheit und Befreiung von der Versicherungspflicht gelten.

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V sind Personen versicherungspflichtig, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte; Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, sind Praktikanten gleichgestellt. Die Ausschlusstatbestände hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit, Versicherungsfreiheit und Befreiung von der Versicherungspflicht gelten.

Die Versicherungspflichttatbestände des § 5 Abs. 1 Nr. 11 bis 12 SGB V betreffen (vor allem) Personen mit Anspruch auf verschiedene Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Ausschlusstatbestände hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit, Versicherungsfreiheit und Befreiung von der Versicherungspflicht gelten hier überall. Die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 11b SGB V tritt nicht für Personen ein, die zuletzt vor der Stellung des Rentenantrags privat krankenversichert waren, es sei denn, sie erfüllen die Voraussetzungen für eine Familienversicherung mit Ausnahme des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V oder die Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V.

Die Auffangversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V tritt nicht ein, wenn zuletzt eine private Krankenversicherung bestanden hat.

Familienversicherung in der GKV (§ 10 SGB V)

Die beitragsfreie Mitversicherung über einen gesetzlich krankenversicherten Familienangehörigen (Familienversicherung) ist grundsätzlich auch für bisher privat krankenversicherte Selbständige möglich, wenn die Selbständigkeit nicht (mehr) hauptberuflich ausgeübt wird, das Einkommen nicht zu hoch ist und auch die anderen Voraussetzungen nach § 10 SGB V erfüllt sind (siehe nächste Absätze). Voraussetzung ist ein Ehegatte / Lebenspartner (nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz) oder ein Elternteil (besondere Altersgrenzen beachten und auch § 10 Abs. 3 SGB V, wenn die Eltern verheiratet und nicht beide Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sind), das (freiwilliges oder pflichtiges) Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist und von dem die Familienversicherung abgeleitet wird. Die Familienversicherung kann auch über ein Großelternteil, das Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, abgeleitet werden, wenn das Elternteil über dieses familienversichert ist (Kinder von familienversicherten Kinder).

Voraussetzungen für die beitragsfreie Familienversicherung eines bisher privat krankenversicherten Selbständigen sind:

  1. Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland,
  2. nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 2a, 3 bis 8, 11 bis 12 SGB V oder nicht freiwillig versichert,
  3. nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit; dabei bleibt die Versicherungsfreiheit nach § 7 SGB V (Versicherungsfreiheit bei geringfügiger Beschäftigung) außer Betracht,
  4. nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig und
  5. kein Gesamteinkommen, das regelmäßig im Monat 1/7 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet; bei Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV oder § 8a SGB IV in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ist ein regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen bis zur Geringfügigkeitsgrenze zulässig.

Eine hauptberufliche selbständige Tätigkeit ist nicht deshalb anzunehmen, weil eine Versicherung nach § 1 Abs. 3 ALG besteht. Ehegatten und Lebenspartner sind für die Dauer der Schutzfristen nach § 3 des Mutterschutzgesetzes sowie der Elternzeit nicht versichert, wenn sie zuletzt vor diesen Zeiträumen nicht gesetzlich krankenversichert waren.

Darüber hinaus bestehen für familienversicherte Kinder besondere Altersgrenzen nach § 10 Abs. 2 SGB V.

Kinder sind nicht familienversichert, wenn der mit den Kindern verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat 1/12 der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist; bei Renten wird der Zahlbetrag berücksichtigt (§ 10 Abs. 3 SGB V).

Als Kinder im Sinne der Familienversicherung gelten auch Stiefkinder und Enkel, die das Mitglied überwiegend unterhält oder in seinen Haushalt aufgenommen hat, sowie Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I). Kinder, die mit dem Ziel der Annahme als Kind in die Obhut des Annehmenden aufgenommen sind und für die die zur Annahme erforderliche Einwilligung der Eltern erteilt ist, gelten als Kinder des Annehmenden und nicht mehr als Kinder der leiblichen Eltern. Stiefkinder sind auch die Kinder des Lebenspartners eines Mitglieds.

Versicherungsberechtigung in der GKV (§ 9 SGB V)

Theoretisch können privat krankenversicherte Selbständige auch über den § 9 SGB V (Versicherungsberechtigung) in die gesetzliche Krankenversicherung gelangen, ohne dass die Selbständigkeit reduziert oder gar ganz aufgegeben wird. In Frage kommen hier wohl am ehesten die folgenden Tatbestände:

  • erstmalig in Deutschland Beschäftigte, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungsfrei sind – also wenn bisher noch gar keine Beschäftigung in Deutschland ausgeübt wurde (Beschäftigungen vor oder während der beruflichen Ausbildung bleiben unberücksichtigt) und nun eine erste Beschäftigung mit einem Arbeitsentgelt oberhalb der JAEG aufgenommen wird,
  • schwerbehinderte Menschen im Sinne des SGB IX (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 SGB V).

Kündigung der PKV durch den Versicherungsnehmer

Nach § 205 VVG kann eine Krankheitskostenversicherung ordentlich und außerordentlich (Sonderkündigung) durch den Versicherungsnehmer gekündigt werden.

Ein ordentliches Kündigungsrecht besteht nach § 205 Abs. 1 VVG für ein Krankenversicherungsverhältnis – vorbehaltlich einer vereinbarten Mindestversicherungsdauer bei der Krankheitskosten- und bei der Krankenhaustagegeldversicherung – unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende des Versicherungsjahres.

Wird eine versicherte Person kraft Gesetzes in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig, kann der Versicherungsnehmer binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht eine Krankheitskosten- oder eine Krankentagegeldversicherung sowie eine für diese Versicherungen bestehende Anwartschaftsversicherung rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen. Die Kündigung ist unwirksam, wenn der Versicherungsnehmer dem Versicherer den Eintritt der Versicherungspflicht nicht innerhalb von zwei Monaten nachweist, nachdem der Versicherer hierzu in Textform aufgefordert hat, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat die Versäumung dieser Frist nicht zu vertreten. Macht der Versicherungsnehmer von seinem Kündigungsrecht Gebrauch, steht dem Versicherer die Prämie nur bis zu diesem Zeitpunkt zu. Später kann der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis zum Ende des Monats kündigen, in dem er den Eintritt der Versicherungspflicht nachweist. Der Versicherungspflicht steht der gesetzliche Anspruch auf Familienversicherung oder der nicht nur vorübergehende Anspruch auf Heilfürsorge aus einem beamtenrechtlichen oder ähnlichen Dienstverhältnis gleich. (§ 205 Abs. 2 VVG)

Eine etwaige „Kündigungsproblematik“ der PKV besteht beim freiwilligen Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung (§ 9 SGB V). In dem Fall besteht für den Versicherungsnehmer auf den ersten Blick nach den PKV-Musterbedingungen zumindest nämlich leider kein außerordentliches Kündigungsrecht, sodass es zeitweise, bis zur ordentlichen Kündigung, sollte es keine Kulanz des Versicherers geben, zu einer Doppelversicherung kommen kann (gesetzlich und privat). In diesen Fällen sollte auch ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 205 Abs. 3 (Prämie für ein anderes Lebensalter / eine andere Altersgruppe sowie Prämienberechnung unter Berücksichtigung einer Alterungsrückstellung: Kündigung binnen zwei Monaten nach der Änderung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens) und 4 (Prämienerhöhung oder Leistungsminderung: Kündigung innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Änderungsmitteilung mit Wirkung für den Zeitpunkt des Wirksamwerdens) VVG geprüft werden.
§ 205 Abs. 2 VVG könnte aber auch dahingehend ausgelegt werden, dass die private Krankheitskostenversicherung außerordentlich gekündigt werden kann, wenn die versicherte Person kraft Gesetzes allein pflegeversicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung wird (und nicht auch kraft Gesetzes versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung). Denn auch freiwillig Versicherte in der GKV sind pflegeversicherungspflichtig (§ 20 Abs. 3 SGB XI).

Rückkehr in die hauptberufliche Selbständigkeit

Nach Eintritt der Versicherungspflicht oder Familienversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung ist auch gegebenenfalls wieder eine Rückkehr in die hauptberufliche Selbständigkeit möglich, wodurch die Versicherungspflicht / Familienversicherung in der GKV endet und sich eine freiwillige Mitgliedschaft im Rahmen der obligatorischen Anschlussversicherung anschließt (§ 188 Abs. 4 SGB V), sofern kein Ausschlusstatbestand vorliegt und kein Austritt erklärt wird.

Beiträge als freiwllig Versicherter in der GKV

Der Beitrag als freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse bemisst sich anhand der beitragspflichtigen Einnahmen (§ 240 SGB V). Die Beitragsbemessung wird einheitlich durch den GKV-Spitzenverband geregelt, wobei laut Gesetz sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Dazu zählen u.a. die Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit (Arbeitseinkommen), aus Kapitalvermögen (Zinsen, Dividenden), Vermietung und Verpachtung und in gewissem Umfang auch Renten.

Aufgepasst: Bei freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Selbstständigen wird pro Tag von einer Mindestbemessungsgrundlage in Höhe des 90. Teils der Bezugsgröße ausgegangen. Dieses fiktive Mindesteinkommen gilt immer, egal ob es überhaupt erzielt wird oder nicht (§ 240 Abs. 4 SGB V).

Der allgemeine Beitragssatz beträgt aktuell 14,6 % (mit Anspruch auf Krankengeld vom 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit an), der ermäßigte Beitragssatz 14,0 % (kein Anspruch auf Krankengeld), dazu kommt noch gegebenenfalls der kassenindividuelle Zusatzbeitragssatz.

Für die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (Auffang-)Versicherungspflichtigen gilt § 240 SGB V entsprechend, also bei der Beitragsbemessung dieselben Grundsätze wie bei freiwilligen Mitgliedern.

Blaue EU-Flagge mit Sternen, im Hintergrund hellblauer Himmel

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Wechsel in die GKV aufgrund der Koordinierungsregeln über die soziale Sicherheit

Der Wechsel aus der PKV in die GKV kann für Selbständige auch aufgrund der Koordinierungsregeln über die soziale Sicherheit gelingen. Die VO (EG) Nr. 883/2004 bestimmt, dass grundsätzlich nur ein Staat, für den die Verordnung gilt, für die Durchführung der Sozialversicherung zuständig ist. Zu beachten ist, dass man dem (gebietlichen, sachlichen und persönlichen) Geltungsbereich der Verordnung auch wirklich unterliegt, damit diese anwendbar ist (prüfen, ganz wichtig!). In der Folge wird hier davon ausgegangen, dass dies der Fall ist.

Sehen die Koordinierungsregeln vor, dass für eine Person nicht mehr deutsche, sondern ausländische Rechtsvorschriften gelten und kommt es daraufhin im anderen Staat zu einer gesetzlichen Krankenversicherung, kann bei anschließender Wiederanwendung deutscher Rechtsvorschriften der Weg in die deutsche gesetzliche Krankenversicherung über die sogenannte Auffangversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V geebnet sein. Ursächlich dafür ist die sogenannte Tatbestandsgleichstellung nach Art. 5 VO (EG) Nr. 883/2004. Danach werden bei Rechtswirkung Sachverhalte und Ereignisse, die in einem anderen Staat eingetreten sind, so berücksichtigt, als wären sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten. Die ausländische gesetzliche Krankenversicherung wird damit einer deutschen gesetzlichen Krankenversicherung gleichgestellt, sodass die Auffangversicherungspflicht nach Alternative a) (zuletzt gesetzlich krankenversichert) eintritt und eine Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse zu Stande kommt, sofern kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall vorliegt – eine private Krankheitskostenversicherung muss also bspw. rechtzeitig gekündigt oder in eine Anwartschaftsversicherung umgewandelt worden sein!

Durch die Ausübung einer oder mehrerer Tätigkeiten in einem oder mehreren anderen Staaten kann es zur Anwendung ausländischer (nicht mehr deutschen) Rechtsvorschriften und damit einer vorrangigen Krankenversicherung in einem anderen Staat kommen. Hierbei sind die verschiedenen Koordinierungsregeln zur Entsendung (Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004) bzw. zur Ausübung von Tätigkeiten in mehreren (Mitglieds-)Staaten (Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004) zu beachten:

Bei einer Entsendung kommt es nicht zur Awendung der Rechtsvorschriften des Staates, in dem die Erwerbstätigkeit vorübergehend (voraussichtliche Dauer max. 24 Monate) ausgeübt wird! Wird also beispielsweise als Selbständiger einfach nur für ein paar Wochen in einem anderen Staat ein einmaliger (und nicht wiederkehrender) Auftrag ausgeführt (ähnliche Tätigkeit), gelten weiter die deutschen Rechtsvorschriften. Die VO (EG) Nr. 987/2009 (Durchführungsverordnung) erläutert in Art. 14 Abs. 3, was in diesem Zusammenhang die Worte „eine Person, die gewöhnlich in einem Mitgliedstaat eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt“ bedeuten.

Zu unterscheiden ist die Entsendung eines Selbständigen von der gewöhnlichen Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit in zwei oder mehr Staaten (Art. 13 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004). Dies bezieht sich auf eine Person, die gleichzeitig oder abwechselnd eine oder mehrere gesonderte selbständige Tätigkeiten in zwei oder mehr Staaten ausübt, und zwar unabhängig von der Eigenart dieser Tätigkeiten (Art. 14 Abs. 6 VO (EG) Nr. 987/2009). Um solche Tätigkeiten und die Entsendung voneinander abzugrenzen, ist die Dauer der Tätigkeit in einem oder weiteren Staaten (dauerhaft, kurzfristiger oder vorübergehender Art) entscheidend. Zu diesem Zweck erfolgt eine Gesamtbewertung aller maßgebenden Fakten (Art. 14 Abs. 7 VO (EG) Nr. 987/2009).

Eine Person, die gewöhnlich in verschiedenen Staaten eine Beschäftigung und eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften des Staates, in dem sie eine Beschäftigung ausübt (Art. 13 Abs. 3 VO (EG) Nr. 883/2004). Werden mehrere Beschäftigungen in mehreren Staaten und daneben noch eine oder mehrere selbständige Tätigkeiten in verschiedenen Staaten ausgeübt, sind für die Bestimmung des insgesamt auf alle Tätigkeiten anwendbaren Rechts zunächst die Beschäftigungen nach Maßgabe des Art. 13 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 zu koordinieren (Art. 13 Abs. 3 letzter Halbsatz). Die selbständige Tätigkeit bleibt bei der Koordinierung der abhängigen Beschäftigungen damit außer Betracht. Ist das anwendbare Recht anhand der Beschäftigungen festgelegt worden, gilt diese Rechtszuweisung dann auch für die selbständige(n) Tätigkeit(en). Zur Anwendung ausländischer Rechtsvorschriften kommt es auch, wenn beispielsweise die deutsche Selbständigkeit während einer abhängigen Beschäftigung in einem anderen Staat vorübergehend nicht weiter (parallel / gleichzeitig) ausgeübt wird. Es gilt der Grundsatz, dass bei Zusammentreffen von selbständigen Tätigkeiten und abhängigen Beschäftigungen für die Bestimmung des anwendbaren Sozialversicherungsrechts ausschlaggebend ist, in welchem Staat die abhängige(n) Beschäftigung(en) ausgeübt wird bzw. werden.

Bei der Ausübung von Tätigkeiten in zwei oder mehr Staaten sind „marginale“ Tätigkeiten unbeachtlich (Art. 14 Abs. 5b VO (EG) Nr. 987/2009). Damit soll verhindert werden, dass die Zuweisung in die Rechtsvorschriften eines bestimmten Staates über die Ausübung einer unbedeutenden Tätigkeit manipuliert wird. Der Begriff der „unbedeutenden“ bzw. „marginalen“ Tätigkeit ist nicht bspw. mit der „geringfügigen Beschäftigung / geringfügigen selbstständigen Tätigkeit“ nach § 8 SGB IV gleichzusetzen, sondern es sind dauerhaft ausgeübte Tätigkeiten, die – relativ und absolut – geringfügig hinsichtlich des Zeitaufwands und des wirtschaftlichen Ertrags sind. Dabei soll es sich nach Teil II, Ziffer 2 des Praktischen Leitfadens der EU-Verwaltungskommission um Tätigkeiten handeln, die weniger als 5 % der regulären Arbeitszeit und/oder weniger als 5 % der Gesamtvergütung ausmachen. Bei der Beurteilung von unbedeutenden Tätigkeiten ist auch die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit zu beachten. Als Merkmale für unbedeutende Tätigkeiten gelten zum Beispiel Tätigkeiten mit unterstützendem Charakter, die nicht eigenständig oder die zu Hause oder im Dienst der Haupttätigkeit ausgeübt werden.

Personen, auf die Art. 13 VO (EG) 883/04 Anwendung findet, werden so behandelt, als ob sie ihre gesamte Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit in dem betreffenden Staat, dessen Rechtsvorschriften gelten, ausüben und dort ihre gesamten Einkünfte erzielen würden (Art. 13 Abs. 5 VO (EG) 883/04). Sind das ausländische Rechtsvorschriften, dürfen dann in Deutschland keine (Sozialversicherungs-)Beiträge gefordert werden.

Eine Person, die in zwei oder mehreren Mitgliedstaaten eine Tätigkeit ausübt, teilt dies dem von der zuständigen Behörde ihres Wohnmitgliedstaats bezeichneten Träger mit. Für in Deutschland wohnende Personen liegt die Zuständigkeit bei der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland, DVKA. Der bezeichnete Träger des Wohnorts legt unter Berücksichtigung von Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 und von Art. 14 VO (EG) Nr. 987/2009 unverzüglich fest, welchen Rechtsvorschriften die betreffende Person unterliegt. Als Nachweis dient die A1-Bescheinigung.

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