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CHRISTIAN SCHLENDER

Krankenversicherung beim Familiennachzug nach Deutschland

Zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes haben Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner, Elternteile und minderjährige, ledige Kinder (Kernfamilie) die Möglichkeit, zu ihren Angehörigen nach Deutschland zu ziehen. Grundsätzlich richten sich die Voraussetzungen danach, ob die Person

  • zu einer deutschen Staatsbürgerin oder einem deutschen Staatsbürger,
  • zu einer EU-Bürgerin oder einem EU-Bürger, oder
  • zu einer oder einem Drittstaatsangehörigen nachzieht.

Gesetzliche Grundlagen sind: § 27ff AufenthG, § 3 FreizügG/EU

Eine glückliche Familie mit Eltern, Mann, Frau und zwei Kindern, die Hand in Hand über ein Feld laufen

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Staatsangehörige eines anderen EU- oder EWR-Staates können nahezu ohne Beschränkungen und ohne besondere Erlaubnis in Deutschland leben und arbeiten. Für die Einreise benötigt er oder sie lediglich einen (gültigen) Personalausweis oder Reisepass. Ein Visum oder ein Aufenthaltstitel für den Aufenthalt in Deutschland sind nicht erforderlich.

Kommt der zuziehende Familienangehörige aus einem Nicht-EU-Staat, ist ein Visumantrag bei der zuständigen Auslandsvertretung zu stellen (Visum zum Zweck des Familiennachzugs, nationales Visum Typ D), sofern er oder sie nicht bereits über einen Aufenthaltstitel aus einem anderen EU-Staat verfügt. Angehörige bestimmter Staaten können auch nach einer visumfreien Einreise einen Aufenthaltstitel in Deutschland beantragen.

Schon im Rahmen des Visa-Beantragungsprozesses muss nachgewiesen werden (bspw. durch Schreiben einer gesetzlichen Krankenkasse oder privaten Krankenversicherung), dass ab dem Einreisezeitpunkt und für den anschließenden Aufenthalt in Deutschland ein ausreichender Krankenversicherungsschutz besteht. Dies soll angesichts der hohen Kosten, die im Falle der Krankheit für die Allgemeinheit entstehen können, sicherstellen, dass Personen, die sich in Deutschland aufhalten, im Krankheits­fall angemessen versorgt werden, ohne dass öffentliche Mittel in Anspruch genommen werden müssen. Dadurch treffen Ausländer nicht nur für ihre Unterbringung und Verpflegung, sondern auch für den Krankheitsfall finanzielle Vorsorge. Darüber hinaus existiert für alle Personen mit Wohnsitz in Deutschland eine Pflicht zur Absicherung des Krankheitsfalls nach § 193 Abs. 3 VVG („allgemeine Krankenversicherungspflicht“).

Der Krankenversicherungsschutz ist im Sinne des Aufenthaltsrechts ausreichend, wenn dieser mindestens dem Umfang der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Dies entspricht der in den EU-Richtlinien regelmäßig enthaltenen Definition, wonach der Ausländer über eine Krankenversicherung verfügen muss, die sich auf alle Risiken erstreckt, die normalerweise in dem betreffenden Mitgliedstaat abgedeckt sind (vgl. z.B. Art. 7 Abs. 1 Buchst. c RL 2016/801).

Nun stellt sich jedoch die Frage, welcher Krankenversicherungsschutz hergestellt werden kann (anfangs, später), beispielsweise ob überhaupt in der gesetzlichen Krankenversicherung oder via einer Alternative wie der privaten Krankenversicherung.

Gesetzliche Krankenversicherung

Rechtsgrundlage der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland ist das Fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V). Nur, wer vom persönlichen und räumlichen Geltungsbereich des SGB erfasst wird, muss (Versicherungspflicht) oder kann (Versicherungsberechtigung, Familienversicherung) sich gesetzlich krankenversichern. Nach § 3 SGB IV gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung, soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, für alle Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs beschäftigt oder selbständig tätig sind (Nr. 1), während der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt (wie nach § 30 Abs. 1 SGB I) der maßgebliche Anknüpfungspunkt ist, soweit eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit nicht vorausgesetzt wird (Nr. 2). Auf die Staatsangehörigkeit oder sonstigen Status (Flüchtling, Staatenloser) kommt es nicht an. Die Versicherungspflicht in § 3 SGB IV knüpft an den Beschäftigungsort an.

Die Anwendung (und Nicht-Anwendung) des deutschen Krankenversicherungsrechts kann sich auch aus über- oder zwischenstaatlichen Regelungen ergeben.

Wohnsitz / gewöhnlicher Aufenthalt

§ 30 Abs. 3 SGB I definiert den Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt legal.

Seinen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lässt, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Hierbei wird auf die tatsächlichen und für die Zukunft prognostizierten Verhältnisse des Betroffenen abgestellt. Die bloße Anmeldung nach dem Melderecht reicht für die Begründung eines Wohnsitzes nicht aus. Vielmehr muss die Wohnung den räumlichen Mittelpunkt der Lebensverhältnisse eines Menschen bilden.

Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Das Innehaben einer Wohnung (Verfügungsgewalt über Räumlichkeiten) ist für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts nicht erforderlich. Ebenso wie beim Wohnsitz kommt es auch bei der Begründung und Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthalts auf die tatsächlichen Verhältnisse unter einer vorausschauenden Betrachtung an.

Das BSG hat zur Ermittlung des gewöhnlichen Aufenthalts ein Dreistufenschema entwickelt (BSG vom 25.06.1987, AZ: 11a REg 1/87, BSGE 62, 67; SozR 7833 § 1 Nr. 1):

  1. Prüfung des tatsächlichen Aufenthalts und der Verweildauer: Wo hält sich der Berechtigte tatsächlich auf, seit wann und wie lange besteht die Absicht, sich an diesem Ort aufzuhalten?
  2. Prüfung der Umstände des Aufenthalts in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht: Wie sind die tatsächlichen und rechtlichen Umstände des Aufenthalts und wie sind sie zu würdigen?
  3. Prüfung, ob der Aufenthalt nicht nur vorübergehender Natur ist unter Gesamtwürdigung aller entscheidungserheblichen Umstände: Handelt es sich nicht nur um ein vorübergehendes Verweilen? Ist der Aufenthalt nicht von vornherein zeitlich begrenzt, ist er als gewöhnlicher Aufenthalt anzusehen.

Ein ständiger Aufenthalt wird nicht gefordert, es genügt ein Aufenthalt auf Dauer mit regelmäßiger Anwesenheit. Ob der Lebensmittelpunkt nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland begründet ist, beurteilt sich nach den objektiv gegebenen tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalls. Nach den vom BSG entwickelten Kriterien ist ein Aufenthalt „dauerhaft“, wenn und solange er nicht von vornherein auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist.

Darüber hinaus muss der Aufenthalt rechtmäßig sein.

Für ausländische Staatsangehörige der Mitgliedstaaten der EU/EWR und der Schweiz ist ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland in der Regel aufgrund von Freizügigkeitsbestimmungen in Europa vergleichsweise leicht zu begründen.

Ausländer aus Drittstaaten können grundsätzlich nur dann ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, wenn ihnen ein Aufenthaltstitel nach den aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen (Aufenthaltsgesetz) erteilt worden ist, der ihren Aufenthalt materiell-rechtlich billigt und nicht nur vorübergehend – und damit rechtlich beständig – gestattet. Rechtlich beständig (dauerhaft) ist ein Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen ist. Das gilt auch für nachziehende ausländische Ehegatten und Kinder. Auf den Aufenthaltstitel des Stammberechtigten kommt es insoweit nicht an.

Auf den von der Ausländerbehörde ausgestellten Aufenthaltstitel kommt es jedoch nicht an, wenn der zuziehende Ehegatte oder das Kind bereits aus anderen Gründen über eine materiell-rechtlich beständige Grundlage für den gewöhnlichen Aufenthalt verfügen, weil sich deren aufenthaltsrechtlicher Status dann doch nach dem Aufenthaltsstatus des Stammberechtigten richtet. Dies gilt für eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften entsprechend. Ein zukunftsoffener Aufenthaltstitel des Stammberechtigten begründet daher dann für den ausländischen Ehegatten oder das Kind ebenfalls einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet (§§ 29, 30, 32, 33 und 34 Abs. 1 AufenthG). Diesen Schutz genießen ebenfalls ausländische Ehegatten und Kinder eines Deutschen (§ 28 AufenthG).

Bei Ausländern ohne zukunftsoffenen Aufenthaltstitel, die einen im Inland lebenden Deutschen, Asylberechtigten oder einen Ausländer heiraten, der im Besitz eines zukunftsoffenen Aufenthaltstitels ist, ist regelmäßig ab dem Zeitpunkt der Eheschließung von einem gewöhnlichen Aufenthalt auszugehen. Erfolgt der Zuzug in das Bundesgebiet erst nach der Eheschließung, ist der Zuzugstag als Beginn des gewöhnlichen Aufenthalts anzusehen. Wird einem Ehegatten erst zu einem späteren Zeitpunkt ein zukunftsoffener Aufenthaltstitel erteilt, ist bei dem anderen Ehegatten ebenfalls ab dem Tag der Erteilung dieses Aufenthaltstitels von einem gewöhnlichen Aufenthalt auszugehen.

Das heißt, in nicht ganz so wenigen Fällen ist für den zuziehenden Ehegatten direkt ab Einreise ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland anzunehmen.

Weitere ausführliche Informationen zur Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts bei zuziehenden ausländischen Ehegatten und Kindern von Ausländern bzw. Deutschen gibt es hier im Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung.

Mann, Kind und Frau beim Umzug in ein neues Haus

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Familienversicherung in der GKV

Ist die Person, die sich bereits in Deutschland befindet und zu der der Zuzug stattfinden soll, Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse, so ist zunächst zu prüfen, ob für den oder die zuziehenden Familienangehörigen bei dieser Krankenkasse ein Anspruch auf beitragsfreie Familienversicherung nach § 10 SGB V besteht. Hierzu sind nach § 10 Abs. 1 SGB V von den Familienangehörigen (Ehegatte, der Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern) zunächst folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

  1. Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. vorheriger Abschnitt),
  2. keine Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 2a, 3 bis 8, 11 bis 12 SGB V und keine freiwillige Versicherung,
  3. keine Versicherungsfreiheit oder Befreiung von der Versicherungspflicht; dabei bleibt die Versicherungsfreiheit nach § 7 SGB V außer Betracht,
  4. keine hauptberuflich selbständige Erwerbstätigkeit und
  5. kein Gesamteinkommen, das regelmäßig im Monat 1/7 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet; für Familienangehörige, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder § 8a SGB IV in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ausüben, ist ein regelmäßiges monatliches Gesamteinkommen bis zur Geringfügigkeitsgrenze zulässig.

Darüber hinaus gibt es besondere Altersgrenzen für die Mitversicherung von Kindern (§ 10 Abs. 2 SGB V). § 10 Abs. 3 SGB V schließt die Familienversicherung für das Kind aus, wenn der mit dem Kind verwandte Ehegatte oder Lebenspartner des Mitglieds nicht Mitglied einer Krankenkasse ist und sein Gesamteinkommen regelmäßig im Monat 1/12 der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt und regelmäßig höher als das Gesamteinkommen des Mitglieds ist.

Als Kinder im Sinne der Familienversicherung gelten auch Stiefkinder und Enkel, die das Mitglied überwiegend unterhält oder in seinen Haushalt aufgenommen hat, sowie Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I). Kinder, die mit dem Ziel der Annahme als Kind in die Obhut des Annehmenden aufgenommen sind und für die die zur Annahme erforderliche Einwilligung der Eltern erteilt ist, gelten als Kinder des Annehmenden und nicht mehr als Kinder der leiblichen Eltern. Stiefkinder im Sinne des ersten Satzes sind auch die Kinder des Lebenspartners eines Mitglieds.

Eigene Mitgliedschaft in der GKV

Gegebenenfalls kann oder muss ab dem Einreisetag oder kurze Zeit später (bspw. zeitnahe Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung) direkt eine eigene Mitgliedschaft bei einer gesetzlichen Krankenkasse hergestellt werden, wenn ein Versicherungspflichttatbestand vorliegt (§ 5 SGB V) oder eine Versicherungsberechtigung besteht (§ 9 SGB V), sofern die familiennachziehende Person dem Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches unterliegt.

Die einzelnen Versicherungspflichttatbestände in der gesetzlichen Krankenversicherung sind im § 5 SGB V normiert. In diesem Zusammenhang ist aber auch die Versicherungsfreiheit nach § 6 und 7 SGB V zu beachten. Die absolut nachrangige Auffangversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ist als letztes, nach einer Versicherungsberechtigung und einem Anspruch auf Familienversicherung, zu prüfen. Der Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung darüber setzt voraus, dass keine anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall mehr besteht. Zudem wird geschaut, was zuletzt für eine Absicherung bestand und ob man in der Folge dem System der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen ist. Bei Ausländern ist § 5 Abs. 11 SGB V zu beachten.

Private Krankenversicherung

In der privaten Krankenversicherung herrscht grundsätzlich Vertragsfreiheit. Die PKV-Unternehmen können sich aussuchen, mit wem sie einen Versicherungsvertrag abschließen oder eben nicht. Dies gilt nicht für die sogenannten Sozialtarife, insbesondere den Basistarif nach § 152 VAG, der einen Kontrahierungszwang (Annahmezwang) hat. Es können sowohl befristete als auch unbefristete Verträge abgeschlossen werden, wobei die Ausländervertretungen / -behörden befristete Lösungen kritisch sehen aufgrund der unklaren Versicherungssituation nach deren Ende.

Der Gesetzgeber erlaubt nach § 195 Abs. 3 VVG ausdrücklich die auf maximal 5 Jahre befristete Krankenversicherung für Personen mit befristetem Aufenhaltstitel in Deutschland. incoming-(Reise)Krankenversicherungen sind in der Regel solche befristete Krankenversicherungen, wenn auch für längere, aber eben nur für vorübergehende Aufenthalte in bzw. Reisen von „Gästen“ (mit ständigem Wohnsitz im Ausland) nach Deutschland konzipiert. Wird jedoch von den zuziehenden Familienangehörigen der dauerhafte Aufenthalt angestrebt (Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes / Wohnsitzes nach Deutschland, Abmeldung und Aufgabe von allem im Ausreiseland), sind solche Produkte regelmäßig nicht geeignet und bieten keinen Versicherungsschutz – selbst wenn abgeschlossen und alle Prämien (Beiträge) gezahlt werden – weil man nicht versicherungsfähig ist.

Klauseln in incoming-Krankenversicherungen, dass diese nur Versicherungsschutz bei vorübergehenden Aufenthalten in Deutschland bieten – und umgekehrt also nicht bei langfristigen bzw. dauerhaften Aufenthalten in Deutschland – sind für die Erteilung eines Aufenthaltstitels unschädlich, so lange sie nicht etwa so gedeutet werden können, dass ein Ausschluss des Versicherungsschutzes für den anfänglichen Aufenthalt in Deutschland enthalten wäre, weil ein langfristiger oder dauerhafter Aufenthalt geplant, aber noch nicht begründet ist. Entscheidend ist, dass die Incoming-Versicherung bis zu dem Zeitpunkt Schutz gewährt, an dem ein langfristiger/dauerhafter Aufenthalt begründet und damit eine endgültige Regelung für den Krankenversicherungsschutz getroffen werden kann.
Der Gültigkeitszeitraum des bei Einreise bestehenden Versicherungsschutzes sollte grundsätzlich die Gültigkeitsdauer des Visums abdecken. Erforderlich ist dies jedoch nur so lange, bis der Antragsteller nachweislich in Deutschland anderweitig versichert ist. Entsprechende auflösende Klauseln (etwa: „Versicherungsschutz endet mit dem Zeitpunkt der Aufnahme in die deutsche gesetzliche Krankenversicherung“) in Versicherungsverträgen können daher akzeptiert werden. Quelle: VISUMHANDBUCH des Auswärtigen Amtes, Abschnitt Lebensunterhalt bei nationalen Visa, Seite 5ff, Stand Juni 2024.

Basistarif nach § 152 VAG

Anspruch auf Aufnahme in den Basistarif haben nach § 152 Abs. 2 VAG u.a. alle Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sind, nicht zum Personenkreis nach § 152 Abs. 2 Nr. 1 VAG oder § 193 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 und 4 VVG gehören und die nicht bereits eine private Krankheitskostenversicherung mit einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben, die der Pflicht nach § 193 Abs. 3 VVG genügt. Voraussetzung ist also unter anderem, dass ein Wohnsitz des zuziehenden Familienangehörigen in Deutschland besteht.

Es besteht nach der Einreise und Begründung eines Wohnsitzes in Deutschland jedoch kein automatischer Anspruch gegen jedes zugelassene private Krankenversicherungsunternehmen nach § 152 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VAG im Basistarif versichert zu werden. Das Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom 18.04.2013 (BVerwG 10 C 10/12) dahingend, dass für private Krankenversicherungsunternehmen im Basistarif ein Kontrahierungszwang bestehe und deshalb derartige Versicherer nach § 193 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 VVG versicherungsvertragsrechtlich verpflichtet seien, allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland eine Versicherung im Basistarif zu gewähren, die in der gesetzlichen Krankenversicherung weder versicherungspflichtig noch freiwillig versichert sind, Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben oder Empfänger laufender Leistungen der in § 193 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 VVG genannten Art sind und nicht bereits eine private Krankheitskostenversicherung mit einem zugelassenen Versicherungsunternehmen vereinbart haben, gilt als überholt. Sowohl der Bundesgerichtshof als auch Land- und Oberlandesgerichte legen den Anspruch auf Versicherung im Basistarif der privaten Krankenversicherung nach § 193 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 VVG teleologisch einschränkend so aus, dass eine derartige Versicherung nur dann in Betracht kommt, wenn die zu versichernde Person grundsätzlich auch dem Bereich der privaten Krankenversicherung zuzuordnen ist und nicht dem Grunde nach der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V unterfällt (BGH, Urteil vom 16.07.2014 – IV ZR 55/14; VG Berlin, Urteil vom 23.01.2024 – 21 K 526/22 V; LG München, Urteil vom 06.04.2021 – 10 O 1137/20 Ver, bestätigt durch OLG München, Beschluss vom 01.08.2022 – 25 U 1865/21; OLG Köln, Beschluss vom 30.09.2014 – 20 U 107/14; LG Düsseldorf, Urteil vom 19.02.2020 – 9 O 190/19; LG Köln, Urteil vom 06.04.2016 – 23 O 188/15; LG Dortmund, Urteil vom 19.11.2015 – 2 S 6/15). Diese einschränkende Auslegung stützt sich auf die Systematik, die Entstehungsgeschichte und den Sinn und Zweck der maßgeblichen Normen. Denn nach dem gesetzgeberischen Willen sollen die Personen, denen ein Krankenversicherungsschutz fehlt, in dem System versichert werden, dem sie grundsätzlich zuzuordnen sind (vgl. BT-Drs. 16/3100, S. 87, 16/4247, S. 67). Für Personen, die zwar dem Grunde nach dem gesetzlichen Krankenversicherungssystem zuzuordnen sind, für die aber der Ausschluss nach § 5 Abs. 11 SGB V greift, gilt im Ergebnis aber allein die aufenthaltsrechtliche Verpflichtung, die Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sicherzustellen. Von einer insoweit bestehenden „dritten Säule“ des Krankenversicherungssystems gehen nicht nur die Zivilgerichte, sondern wohl auch das Bundesverfassungsgericht aus (vgl. BVerfG, Urteil vom 10.06.2009 – 1 BvR 706/08 u.a.).

Die Vertragsleistungen des branchenweit einheitlichen Basistarif sind in Art, Umfang und Höhe jeweils den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (nach dem Dritten Kapitel des SGB V, auf die ein Anspruch besteht) vergleichbar. Typischerweise leisten Normaltarife der PKV mehr als die GKV. Vorteil neben dem Kontrahierungszwang des Basistarifs ist, dass der Beitrag für den Basistarif auf den Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung begrenzt ist (Multiplikation des allgemeinen Beitragssatzes zuzüglich des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a Abs. 2 SGB V mit der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung). Darüber hinaus gilt, dass bei bestehender Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II oder SGB XII oder wenn allein durch die Zahlung des Beitrags Hilfebedürftigkeit entstehen würde, sich der Beitrag für die Dauer der Hilfebedürftigkeit oder für die Zeit, in der Hilfebedürftigkeit entstehen würde, um die Hälfte reduziert; die Hilfebedürftigkeit ist vom zuständigen Träger auf Antrag des Versicherten zu prüfen und zu bescheinigen.

Mann mit Kind begrüßt Frau / Ehegattin am Flughafen mit Blumenstrauß

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